MIT

Minia Biabiany
Karl Joseph
Mirtho Linguet
Beatriz Santiago Muñoz
Marcel Pinas
Pamela Colman-Smith
Apichatpong Weerasethakul

“Ich träumte, dass ich mit einem toten sehenden Auge und mit einem lebenden geschlossenen Auge erwachte.“

Wilson Harris (1921–2018)

Die zweiteilige Ausstellung Gods Moving in Places ergründet das politische Potenzial der karibischen und guayanischen Imagination. Sie präsentiert die Erinnerungen, Erzählungen und Geschichten, die diese Vorstellungswelt geprägt haben – einschließlich indigener Mythologien und der gewaltsamen Eroberung des südamerikanischen Kontinents – durch das, was Édouard Glissant (1928–2011) die tropische Nacht nenn ,deren Geister und Figuren die Menschen begleiten und bewegen.

Gods Moving in Places © Victoria Tomaschko

Inspiriert durch die Sammlung von Volkserzählungen des guyanischen Autors Michel Lohier erweckt Mirtho Linguets Fotografieserie Met Bwa fabelhafte und verstörende Figuren, mythologische Präsenzen, „Früchte einer tragischen Anordnung“ zum Leben. Mithilfe der subversiven Kraft und der Ironie des guyanischen Karnevals werden Linguets Fotografien zu Beschwörungen magischer und anderweitiger Kräfte.

Viele dieser Figuren gelangten durch den transatlantischen Sklavenhandel von Westafrika in die Karibik – zum Beispiel Anansi, der Schwindler, der oft als Spinne repräsentiert wird und dessen Abenteuer Pamela Colman-Smith am Ende des 19. Jahrhunderts niederschrieb und illustrierte.

Auch Beatriz Santiago Muñoz und Apichatpong Weerasethakul präsentieren in ihren Videoarbeiten mythologische Wesen, die aus zeitgenössischen Machtkämpfen sowie antiken Weisheiten und botanischem Wissen entstehen.

Die Beziehung zwischen Menschen und der Natur, in der sie leben, stehen in Karl Josephs Bildern im Fokus, in denen er den spirituellen Kräften des guyanischen Waldes nachgeht. In seinen Fotos eines Baums am Rande von Cayenne in Französisch-Guyana zeigt er Spuren der Interaktionen einer Gemeinschaft von Eingeweihten mit dem Wald und den Göttern. Der Baum wird zugleich Altar und Mittler zwischen Göttern und Menschen sowie zu einem Tor zwischen den verschiedenen Ebenen der Realität.

Minia Biabiany verwendet in ihrer sinnesbetonten Installation natürliche Materialien und handwerkliche Techniken mit symbolischer und kultureller Bedeutung, um die Beziehung von Menschen zu ihrer Umgebung zu untersuchen. Die Künstlerin ergründet dabei auch die Verbindungen zur kolonialen Vergangenheit und Gegenwart von Guadeloupe.

Seit über 20 Jahren ist Marcel Pinas Arbeit durch das Bedürfnis geprägt, die Kultur und Sprache seiner Gemeinschaft, den Ndyuka, ein Volk der Maroons, zu erhalten. Die Maroon-Kriege und die maroonage waren wichtige Ereignisse im Kampf und Widerstand gegen die Sklaverei in der Karibik und speziell im Gebiet des Hochlandes von Guyana. Nachdem sie den Plantagen entkommen waren, suchten die Maroons Schutz im Wald. Sie befreiten Versklavte und bekriegten die französische und niederländische Sklavenhalter, wodurch sie es den Saramaka, Aluku, Paramaka und Ndyuka Völkern ermöglichten, sich langfristig entlang des Maroni Flusses zu etablieren. Pinas Skulpturen, Installationen und Zeichnungen vermitteln diese besondere Beziehung zu Landschaft, Geschichte, Erinnerung und Sprache. Die Arbeit, die in der Ausstellung gezeigt wird, artikuliert die Bewegung für den Erhalt der Zeichenschrift Afakas, in der die Ndyuka Sprache silbenweise aufgeschrieben.

Gods Moving in Places ist inspiriert von den Schriften des karibischen Autors Wilson Harris, der auf der Grundlage einer indigenen Weltanschauung ein Verständnis der Welt entwickelte, in dem Natur, Mensch, Flora und Fauna zu einem einzigen Wesen werden. Für Harris ist alles durch ein kollektives Unbewusstes miteinander verbunden, welches durch unsere kreative Imagination erschlossen werden kann. Indem wir verschiedene Ebenen der Realität zulassen, können wir – nach Harris – uns selbst und unsere Position in der Welt transformieren und setzen somit die politische Kraft der Imagination frei.

Eingeladen von Mathieu Kleyebe Abonnenc, initiiert von Lea Altner.

Team

Leitung der ifa-Galerie Berlin: Inka Gressel, Susanne Weiß, Alya Sebti (Elternzeit)
Ausstellungsproduktion: Stefano Ferlito
Projekt Management: Ev Fischer
Digitale Kommunikation: Anna Giannessi
Aufbau: Stefano Ferlito, Simon Krosigk, Keanu Sapadi
Aufsichten: Katharina Bevand, Kevin Dieke, Ximena Ferrer Pizarro, Djanum Podolski, Keanu Sapadi
Kunstvermittlung: Annika Niemann
Texte: Lea Altner
Fotodokumentation: Victoria Tomaschko