Mit Carolina Estrada, Juan Osorio, Adela Pino/Isaac Ruíz/Álvaro Acosta, Kenyi Quispe, Emilio Santisteban und Daniela Zambrano Almidón

Kuratiert von Lizet Díaz

Pallay Pampa ist ein Quechua-Begriff, der die Verteilung von Mustern auf andinen Textilien beschreibt: Der Bereich des Gewebes, der Pallay genannt wird, symbolisiert das Gesagte, während der Bereich, der Pampa genannt wird, das noch zu Sagende darstellt. In dieser Ausstellung entspricht Pallay der Tradition und der Idee des Lernens anhand von Textilien, während Pampa den Zukunftsdiskurs und die Freiheit, Risiken einzugehen, repräsentiert. Pallay Pampa. Andine Kreuzungen versteht Wissen als etwas nur teilweise Gegebenes und noch Offenes für Experiment und Reflexion.

Die Andengemeinschaften Perus bewahren Produktionsmethoden und eine Beziehung zur Natur, die auf ihrer traditionellen Kosmovision basiert, das heißt Wirtschaft, Natur und Biodiversität werden als im Gleichgewicht interagierend gesehen, mit tiefen emotionalen und symbolischen Verbindungen zur Erde, die die Andenbewohner:innen als Mutter – Pachamama – verstehen, die Respekt, Pflege und Dankbarkeit verdient. In dieser Vorstellung von Welt kümmert sich ein Bauer nicht nur um seine Kinder und Tiere, sondern auch um das Land, das Wasser und alle Früchte der Erde. Der Besitz basiert auf der Fürsorge um das, was angebaut wird.

Angesichts der Globalisierung und anhaltenden Kolonialisierung bringt Pallay Pampa. Andine Kreuzungen eine Gruppe von Künstler:innen, Aktivist:innen und Wissenschaftler:innen aus Peru zusammen, die über die kulturellen Ansätze andiner Gemeinschaften zum Erhalt ihrer lokalen Identität und Lebensgrundlagen recherchieren und reflektieren. Die für die Ausstellung neu entwickelten Arbeiten behandeln Ideen über gemeinschaftliche Zusammenarbeit, Lehre und Natur.

In ihrer Installation schlägt die Künstlerin Carolina Estrada ein Gestaltungssystem vor, das berücksichtigt, wie wir mit der Natur in Ko-Existenz und nachhaltiger Ko-Kreation zwischen Ökosystem und Individuum arbeiten können. Sie dokumentiert die uralte, von Frauen in der Gemeinde Quispillacta im Departement Ayacucho geführte Praxis der Wassergewinnung ,qocha‘ durch die Nutzung von natürlichen Wasserreservoirs und Feuchtgebieten, den sogenannten ,bofedales‘.

Der Künstler und Dramaturg Juan Osorio thematisiert die zeitlich-räumliche Mehrdimensionalität des andinen Denkens anhand von Texten der peruanischen Intellektuellen José María Arguedas und Gamaniel Churata, zwei bedeutenden Impulsgebern der indigenen Kultur. Seine multisensorische Installation integriert ihre Gedichte, Konzepte und pluralen Perspektiven.

In seiner textbasierten konzeptionellen Arbeit erforscht und experimentiert der Künstler Kenyi Quispe mit den Möglichkeiten und Grenzen dessen, was wir als Ursprung der Moderne zu betrachten pflegen: universelle Freiheit und Gleichheit, in deren Streben sich verschiedene Kulturen zwar permanent annähern, aber niemals wirklich in Kontakt treten.

Der interdisziplinäre Künstler Emilio Santisteban nimmt eine spannungsgeladene geopolitische Perspektive zwischen Natur und Ratio ein. Dabei ist die Kartoffel – heute ein globalisiertes und industrielles Agrarprodukt – Textträgerin einer andinen Auffassung vom Ökosystem und der Ernährung inmitten der unauflöslichen Widersprüche zwischen verschiedenen Identitäten und Denkmodellen.

Die Künstlerin Daniela Zambrano Almidón beleuchtet die wichtige Verbindung zwischen traditionellen Ritualen und dem zeitgenössischen urbanen Leben durch einen Dialog mit dem Aymara-Schamanen Apu Qullana Malku. Ihr Video Suma Quamaña. Gutes Leben in der Stadt bringt uns die Zeremonien des Lernens und der Weisheit näher, die im Konzept von ,Suma Quamaña‘, oder dem ‚guten Leben‘ enthalten sind.

In ihrem gemeinsamen Videoessay erforscht die Kunsthistorikerin und Pädagogin Adela Pino, wie das Modell des Lehrens und Lernens in der traditionellen andinen Textiltechnologie von einem agrarisch-rituellen Festkalender bestimmt wird. Ausgehend von dieser Hypothese bietet der Künstler und Anthropologe Isaac Ruiz eine berührende dokumentarische Betrachtung von Textilien als eine mit der Landschaft verbundene Form des gemeinschaftlichen Lernens. Der Fotograf und Aktivist Álvaro Acosta begleitet und dokumentiert diesen Prozess.

Pallay Pampa. Andine Kreuzungen, präsentiert eine Vielzahl an Perspektiven und Denkansätzen, die sowohl in Richtung der längsten Gebirgskette der Welt blicken, als auch aus ihr heraus. Politik, Kultur und Umwelt treffen hier in einem Spannungsfeld aufeinander, aus dem sich die Bedeutung des räumlichen als auch territorialen Kontext erahnen lässt. Die Ausstellung ist ein Ort der gemeinsamen Autorenschaft von Mensch und Natur, an dem das immaterielle Erbe gewürdigt wird, das die indigenen Kulturen bis heute bewahren und pflegen.

Pallay Pampa © Victoria Tomaschko

Öffnungszeiten während der Berlin Art Week

Mi  15. 09., 14.00—22.00

Do—So  16.—19. 09., 14.00—21.00

Ausstellungsgespräche mit der Künstlerin  Karen Michelsen Castañón

— jeden Donnerstag um 17.00 auf Deutsch

— every Thursday at 18.00 in English

— todos los Jueves a las 19.00 en Español

Für Gruppen ab 5 Personen bieten wir auch außerhalb der Öffnungszeiten kostenlose Führungen an.

Bitte schreiben Sie uns an  ifa-galerie-berlin@ifa.de

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