Künstlerin: Elisabetta Di Maggio
Kuratorin: Chiara Bertola
Das Konzept für dieses Projekt kreist um ein für Elisabetta Di Maggio zentrales Thema: Die für die Übermittlung von Information notwendigen Kommunikationsnetze. Di Maggios Werke legen die Verbindungen frei zwischen den Strängen, Kreisläufen, Rastern, Strukturen und Netzwerken, die zwar unterschiedlichen Welten angehören, aber alle zusammen Bestandteile der Existenz sind, in der wir unsere Zeit und unseren Alltag verbingen.
Wenn wir von Kreisläufen oder Netzwerken sprechen, denken wir vielleicht an die komplexe Linienstruktur eines Blatts, an die auf der menschlichen Haut sich abzeichnende Netzstruktur, an das Liniennetz der Untergrundbahn oder auch an den überaus komplizierten Umriss einer Nervenzelle: von der Nähe betrachtet weisen diese anscheinend weit voneinander entfernt liegenden Elemente zahlreiche Parallelen auf. Die Linien, die die Formen der Synapsen unseres Gehirns abbilden, erinnern beispielsweise an die Wurzeln und das Geäst von Bäumen, an die präzisen und detaillierten Darstellungen in einem alten Traktat über Botanik. Die zarten Fäden der pflanzlichen Welt und die Kreisläufe des menschlichen Körpers evozieren Beziehungen und erinnern an die Komplexität menschlicher Kommunikationsnetze.
Die wahre Wirklichkeit basiert auf in die Luft gezeichneten Landkarten. Sie nimmt sich tatsächlich wie eine “Kartierung der Luft” aus, so wenig sichtbar sind die Verbindungen und Kreisläufe, in denen sich das Leben auf der Erde entwickelt. Das bedeutet, dass all das, was das Leben fördert und die natürlichen sowie die menschlichen Aktivitäten leitet, geregelt ist innerhalb von Bahnen und Netzwerken, die man weder sehen noch wahrnehmen kann. Diese erweisen sich aber letztlich als grundlegende Strukturen, welche die Energien und die Lebewesen miteinander verbinden und tragen.
Elisabetta Di Maggios Projekt Mapping the Air ist eine metaphorische Reflexion über unsere Existenz als Teil eines Ganzen, als Fragment der natürlichen Welt, die sich in der mikro- und makroskopischen Dimension als unendlich wandelbar erweist und sich ständig erneuert dank der außerordentlichen Produktivität ihrer Gesetze.
Elisabetta Di Maggio ist 1964 in Mailand geboren, sie lebt und arbeitet in Venedig. Seit vielen Jahren setzt sie sich mit Untersuchungen auseinander, bei denen zwei grundlegende Aspekte des Lebens im Zentrum stehen: das Kommunikations-Netzwerk, das es für die Übermittlung von Informationen braucht, und die Zeit, die die Übermittlung dauert.
Ihre Ausstellungen kreisen um die Darstellung der engen Verbindungen zwischen Plots, Kreisläufen, Rastern, Strukturen und Netzwerken. Diese gehören zu verschiedenen Kontexten, die aber alle Teil unserer Existenz sind und in denen wir unsere Zeit und unser Alltagsleben verbringen. Ihre Arbeitsmethode ist immer dieselbe: mit einem chirurgischen Skalpell zerschneidet sie unterschiedliche Materialien. Von ihr verwendete Materialien sind Seidenpapier, kleine oder große Gemüseblätter, Seife, Porzellan. Sie arbeitet aber auch mit unterschiedlichen Oberflächen, u.a. mit verputzten Wänden. Ihre Untersuchungen lassen sich lesen als metaphorische Reflexionen über die conditio humana.
Di Maggios Werke wurden in Italien und international ausgestellt (Auswahl): NMWA Washington DC (2020), Museo Maxxi, Roma (2019), Arter Museum, Istanbul (2019), Fondazione Querini Stampalia, Venezia, (2017) Museo MAMbo, Bologna (2016), NCCA Mosca (2015), Hangar Bicocca, Milano (2010), Fondazione Merz, Torino (2008), XV Quadriennale Rom (2008) MOT Museum, Tokyo (2007). Werke der Künstlerin befinden sich in internationalen Museen sowie in öffentlichen und privaten Sammlungen (Auswahl): Magazzino Italian Art Foundation (Cold Spring NY), Arter Museum (Istanbul), Museo MAMbo (Bologna), Museo Maxxi (Roma), Mallin Collection (New York), Fondazione Querini Stampalia (Venedig)
Chiara Bertola ist 1961 in Turin geboren. Sie lebt und arbeitet in Venedig. Seit 1999 ist sie Kuratorin des zeitgenössischen Kunstprojekts Conservare il futuro (Die Zukunft bewahren) in der Stiftung Querini Stampalia in Venedig. Sie ist Mitbegründerin der Venice Gardens Foudation in Venedig (2014). Ideatorin und Kuratorin des Premio Furla für junge italienische Kunst (2000 – 2015). Von 2009 bis 2012 künstlerische Leiterin des Hangar Bicocca Mailand. Von 1996 bis 1998 Präsidentin der Stiftung Bevilacqua La Masa, Venedig. 2007 ist sie Co-Kuratorin des Padiglione Venezia auf der Biennale von Venedig und 2008 eine der Kuratorinnen der XV. Quadriennale von Rom.
Sie war Kuratorin verschiedener Ausstellungen in und außerhalb von Italien (Auswahl): Danh Vo (Venedig, 2022), Roman Opalka (Mailand und Venedig, 2019), Mariateresa Sartori (2019), Paolo Icaro (2018), Giovanni Anselmo (2017), Elisabetta Di Maggio (2017), Jimmie Durham (2015), Haris Epaminonda (2014), Qiu Zhijie (2013), Gianikian-Ricci Lucchi (2012), Christian Boltansky (2011), Hans Peter Feldmann (2012), Ilya&Emilia Kabakov (1989, 2003, 2012), Surasi Kusolwong (2011), Michelangelo Pistoletto (2013, 2000), Marisa Merz (2011), Mona Hatoum (2009, 2014, 2015), Georges Adeagbo (2008, 2009), Remo Salvadori (2006), Kiki Smith (2005), Boris Mikhailov (2001), Giulio Paolini (2001), Lothar Baumgarten (2001), Joseph Kosuth (2000). Bei Mondadori/Electa publiziert sie 2008 das Buch Curare l’arte über die Figur des Kurators. Bei Corraini erscheint das Buch des im Hangar Bicocca realisierten Ausstellungsprojekts Terre vulnerabili – a growing exhibition (2011). Im Druck befinden sich die Bücher Cammiare lungo la cura dell’arte (Wege des Kunstkurators) und Conservare il futuro (Die Zukunft bewahren) über das künstlerische Projekt des Stiftung Querini Stampalia.