Mit der Ausstellung Lass schwingen und springen! Spin around and twirl der estnischen Künstlerin Liina Siib stellen die ifa-Galerien Berlin und Stuttgart eine weitere Künstlerin in der Reihe Solo für… vor, die bereits 1999 als noch unbekannte Künstlerin in der Ausstellung Passagen – Kunst aus Estland in der ifa-Galerie Berlin vertreten war. In der Zwischenzeit ist das künstlerische Werk gewachsen und gereift. Liina Siib vertrat Estland 2011 auf der 54. Biennale in Venedig mit der Installation A Woman Takes Little Space. Die Ausstellung der ifa-Galerie ist retrospektiv angelegt und wird eine Reihe von früheren Werken der Künstlerin zeigen, aber auch eine neu konzipierte Arbeit präsentieren, die der Ausstellung den Namen gab: „Lass schwingen und springen! Spin around and twirl“ ist eine Liedzeile aus einem bekannten estnischen Lied. Es dient der Künstlerin zur Reflexion über gesellschaftliche Verhältnisse und historische Veränderungen.
Programm
Freitag, 11. April 2014, 17:00
INDIA · WOMEN – Nicolaus Schmidt stellt sein Fotobuch-Projekt vor.
Führung durch die Ausstellung mit Liina Siib
In Kooperation mit der indischen Journalistin Priyanka Dubey
Der Berliner Künstler und Fotograf Nicolaus Schmidt hat 2011 und 2013 während zwei ausgedehnter Reisen den Alltag indischer Frauen fotografiert. Indien gilt nach einer Thompson-Reuters-Studie als eines der gefährlichsten Länder für Frauen. Eine aufstrebende Mittel- und Oberschicht sucht den Anschluss an den Lebensstil der westlichen Welt. Demgegenüber stehen von religiösen und tradierten kulturellen Normen beeinflusste Verhaltensweisen und auch politische Tendenzen, die u.a. Frauen in ihrem Streben nach einem selbstbestimmten Leben massiv behindern. 70% der Bevölkerung lebt nach wie vor auf dem Lande. Ebenfalls 70% müssen von weniger als 2 Dollar pro Tag leben.
Nicolaus Schmidt konzentriert sich in seinen Fotos auf diese Mehrheit der indischen Frauen. Seine Fotos zeigen unter anderem, wie scher es z.B. die erste Taxifahrerin Delhis hat, die täglich den unverfrorenen Blicken der männlichen Verkehrsteilnehmer ausgesetzt ist.
Im Buch INDIA · WOMEN wird die junge, mehrfach für ihre investigativen Reportagen preisgekrönte Journalistin Priyanka Dubey über Gewalt gegen Frauen berichten und die historische Entwicklung analysieren. Nicolaus Schmidts Fotos zeigen, wie starke selbstbewusste Frauen auf dem Land ihren harten Alltag bewältigen, wie Mädchen in den Slums von Delhi sich mit Straßentheater gegen sexuelle Gewalt engagieren.
Nicolaus Schmidt wurde 1953 in Arnis (Schleswig-Holstein) geboren; studierte an der Hochschule für bildende Künste und der Universität Hamburg; bis 1988 war er Vorsitzender von terre des hommes Deutschland; seit 2002 ist sein Arbeitsschwerpunkt die Fotografie. Diverse Buchprojekte und Ausstellungen; lebt in Berlin.
Der Künstler wird sein Buchprojekt in einer Diaschau vorstellen.
Kunstvermittlung
Sonntag, 18. Mai 2014, 11:00 – 13:00
KinderKunstProgramm – PLATZ DA! Ein Raumlabor mit Handgepäck
ab 6 Jahren; mit Annika Niemann
Manchmal reicht ein kleines Handtuch am langen Strand, um ein Gebiet – nur für den Moment – als unseren Privatraum zu markieren. Die estnische Künstlerin Liina Siib hat am berühmten Stand der Ferieninsel Sylt solche Spuren von Raumnahmen fotografiert: kleine bunte Textilinseln im Sand, hier ein paar Schuhe, ordentlich aufgereiht wie im Hausflur, dort eine Luftmatratze als Ruheplatz. Dass nicht nur in der Freizeit und im Freien Raum eine wichtige Rolle spielt, zeigt Liina Siibs Fotoserie über Arbeitsplätze von Frauen in Estland: in Backstuben und Blumenläden, zwischen Aktenschränken und Kleiderständern steht den Frauen in ihrem Arbeitsalltag oft nur ein winziges Fleckchen zur Verfügung.
Ob Schattenplatz, Zeltplatz, Parkplatz oder Spielplatz – auch in unserem Alltag haben wir mit Platzangeboten und Platzmangel zu tun. Platz wird genommen, besetzt und freigehalten; es wird geschaffen, gespart und getauscht. Wie viel Platz braucht es, damit wir uns wohl fühlen? Wo sind wir vielleicht fehl am Platz? Und wie sollte unser Platz beschaffen sein? Im KinderKunstProgramm experimentieren wir mit künstlerischen Möglichkeiten, den eigenen Platz abzustecken und zu behaupten – und schaffen dabei eine raumgreifende Bodeninstallation.
Donnerstag, 22. Mai 2014, 19:00
art education in practice #3 – Mooste, Estland – Eine Landpartie
Community Art and Art Education in Rural Context of Estonia – ein Praxisbericht zur Kunstvermittlung in englischer Sprache mit Evelyn Müürsepp-Grzinich, Project Space MoKS (Estland), und Nadin Reschke, Künstlerin
Im Rahmen der Ausstellung Solo für… Liina Siib lädt die Reihe art education in practice in ihrer dritten Ausgabe zu einer Exkursion in das ländliche Mooste im Südosten Estlands ein. Die Künstlerin und Kulturkoordinatorin Evelyn Müürsepp-Grzinich gibt Einblick in die Aktivitäten des Projektraums MoKS – Center for Arts and Social Practice. MoKS versteht sich als eine Kooperationsplattform, deren Schwerpunkt neben einem internationalen Residency-Programm auf künstlerischen Projekten in Zusammenarbeit mit Schulen und lokalen Communities liegt. Jenseits großstädtischer oder musealer Kontexte schafft MoKS Räume für informelles Lernen – mit und durch Kunst. Anhand zahlreicher Praxisbeispiele beleuchtet Evelyn Müürsepp-Grzinich die Bedingungen und Arbeitsweisen der gemeinnützigen Organisation, die mit dem breiten Spektrum ihrer Aktivitäten und ihrem spezifischen ländlichen Umfeld die einzige ihrer Art in Estland ist.
Die Berliner Künstlerin Nadin Reschke war 2013 Artist-in-Residence bei MoKS. Im Rahmen des Vortrags stellt sie die Videoarbeit Metsas (In the Woods) vor, die während ihres Aufenthaltes in Zusammenarbeit mit einer Schulklasse in Mooste entstanden ist.
Die Reihe art education in practice der ifa-Galerie Berlin nimmt Fragestellungen und Kontexte der jeweiligen Ausstellung zum Anlass, Akteure aus dem Feld der Kunstvermittlung einzuladen, Einblick in ihre Praxis zu geben und ihre Erfahrungen, Arbeitsbedingungen und Konzepte unter interdisziplinären und transnationalen Gesichtspunkten zu diskutieren.
Evelyn Müürsepp-Grzinich ist Künstlerin und Kulturkoordinatorin. Nach der Arbeit in Artist-in-Residency-Programmen in Island und Finnland war sie 2001 Mitbegründerin von MoKS. Neben ihren inhaltlichen und koordinatorischen Aufgaben für den Betrieb des Artist-in-Residence-Zentrums führt sie ihre eigene künstlerische Praxis fort.
Nadin Reschke studierte Freie Kunst an der Universität Wales und an der HfBK Dresden und war dort Meisterschülerin bei Ulrike Grossarth. Im Zentrum ihrer Arbeit steht das Gestalten von Prozessen und Situationen der Kommunikation. Es entstand eine Arbeitsweise, die auf direktem Austausch basiert und oft in multipler Autorschaft mündet. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Stadtspaziergänge mit Elfi Müller – reconstruction II
Die Veranstaltungsreihe reconstruction II bezieht sich auf die Installation von Liina Siib mit dem Titel A Woman Takes Little Space in der aktuellen Ausstellung der ifa-Galerie Berlin. Die estnische Künstlerin fotografierte Frauen an ihren Arbeitsplätzen. Ausgehend von diesen Porträts führen drei Spaziergänge zu Arbeitsplätzen von Frauen in Berlin aus den Bereichen Kunst, Politik und Innovation.
Sonntag, 4. Mai 2014, 12:00
Ausgehend von den Arbeiten der estnischen Künstlerin Liina Siib finden Stadtspaziergänge im Kontext des Gallery Weekends Berlin statt. Im Bereich der bildenden Kunst sind Künstlerinnen weltweit auf dem Vormarsch. Laut Art Report stieg in den letzten Jahren das Interesse von Galerien, Sammlern und Museen an Künstlerinnen auf 7,6% gegenüber ihren männlichen Kollegen an. Ausgewählt werden sie von einer steigenden Zahl von Galeristinnen und Kuratorinnen im Kunstbetrieb. Auf unserem ersten Spaziergang werden wir international arbeitende Galerien besuchen und mit den Galeristinnen und Mitarbeiterinnen ins Gespräch kommen. Während unseres Spaziergangs besuchen wir: Claudia Wichtendahl/ Wichtendahl Galerie, Kathleen Sichelschmidt/ Galerie Marcus Deschler, Amelie Seydoux/ Galerie Jordan/ Seydoux Berlin, Helle Coppi/ Galerie Leo.Coppi, Barbara Barsch/ ifa Galerie Berlin.
Sonntag, 18. Mai 2014, 12:00
Der zweite Spaziergang bringt die Teilnehmer:innen ins Gespräch mit Frauen, die innovative Wege gegangen sind. Renate Witt gibt einen Überblick in die Entstehungsgeschichte des Projektes Schokofabrik e.V., verbunden mit einer Besichtigung des Gebäudes; ein Besuch im legendären Hamam ist mit eingeschlossen. Weiter geht es zu den Restauratorinnen in die Werkstatt, in der kostbare Gemälde, Drucke, Fotografien und Objekte bearbeitet werden. Danach stellt Jennifer Stärk den Konzeptshop 044 vor. Anschließend erläutert Dagmar Riedel-Breidenstein von Strohhalm e.V. das Projekt HEROS. Dieses international arbeitende und vielfach ausgezeichnete Projekt befasst sich mit der Thematik der sogenannten Ehrenmorde. Der zweite Stadtspaziergang endet mit einem Besuch in den Prinzessinnengärten. Helen Jancke präsentiert dort ihren eigenwilligen Arbeitsplatz.
Sonntag, 15. Juni 2014, 12:00
Der dritte Spaziergang beginnt im Umweltbundesamt Berlin. Hier gibt die Kunstreferentin Fotini Mavromati einen Einblick in ihr Arbeitsgebiet. Ein kleiner Überblick in die architektonische Historie des Baukörpers vertieft das Gespräch. Weiter geht es in das Haus der kleinen Forscher. Der Leiter des Hauses, Wolfgang Hempel, erläutert die Besonderheiten dieser evangelischen Kindertagesstätte. Ein Spaziergang durch Halensee macht uns mit den verschiedenen Architekturströmungen bekannt, die dieses Stadtquartier auszeichnen. An der letzten Station im Hotel Kronprinz Berlin spricht der Direktor Kurt Hermandung über die Historie des Hauses im Kontext des urbanen Raumes. Eine Abschlussrunde im Biergarten des Hotels beendet das Projekt reconstruction II.