Mit:

Eva Chmelová
Ivan Exner
Igor Hlavinka
Markéta Jírová
Aleš Knotek
Radan Wagner
Jasan Zoubek

Im Angesicht des fortschreitenden Verfalls ändert sich heute auch die Auffassung von Modernität. Ohne unbedingt alles Anregende zu verwerfen, was die Avantgarde hervorgebracht hat, beruht die tiefgreifende Aktualität der Poesie – und jeder authentischen Kunst – eher in der Konservierung der Werte als in deren Verwandlung; soll sie als Gewissen ihrer Zeit wirken, dann vornehmlich dadurch, daß sie den Sinn für diejenigen Konstanten aufrechterhält, die sich heute in einer Krise befinden. Dies bedeutet nicht nur eine Rückkehr zu Empfindungen, zu den Begriffen der Ordnung und der persönlichen Verantwortung, sondern auch konkrete Veränderungen in der dichterischen Ausdrucksweise.

Die verhängnisvollen Konsequenzen der utopischen Denkformen zwingen uns heute, auch den für die Avantgarde zu kennzeichnenden Kult der freien Imagination nur mit Zurückhaltung aufzunehmen; die dichterische Vorstellungskraft kann unser Leben bereichern durch ihre Fähigkeit, sich mit der alltäglichen Erfahrung zu vereinen, diese vertiefen und so die in ihr selbst verborgene Veränderung zum Ausdruck bringen. Eine Voraussetzung hierzu ist allerdings eine neue Einstufung der Autonomie eines Kunstwerkes und dessen Abweichung von den Anekdoten der Welt: dort, wo die avantgardistischen Lehren zur Vergötterung rein künstlerischer Werte führten – und somit das Kunstwerk zu einer hermetischen Chiffre reduzierten – kann heutzutage ein Kunstwerk nur dann mit seinem Publikum zusammentreffen, wenn es ihm möglich ist, in den neu entdeckten Formen das mythenhafte Bild seiner realen Existenz abzulesen.

Text: Peter Král aus „Ein Grabstein für die Avantgarden“