Tanz auf dem Vulkan © Victoria Tomaschko

mit:

Sarnath Banerjee
Barbara Blasin
Eva Castringius
J Henry Fair
Nikolaus Geyrhalter
Sabine Gisiger
Sarah Johnstone
Laura Kikauka
Alexander Ugay
Frank Westerman
ZITABL

Mit der Reihe Schauplatz Natur wollen die ifa-Galerien wesentliche Aspekte der gegenwärtigen Natur- und Umweltdiskussion aufgreifen und vertiefen. Während die erste Ausstellung der Reihe mit dem Titel Wasserlust und Wassers Not sich dem Element Wasser widmete, stehen bei Tanz auf dem Vulkan künstlerische Projekte zu vom Menschen selbst verursachten Katastrophen im Mittelpunkt, wie das Reaktorunglück in Tschernobyl, die Austrocknung des Aralsees und die Giftgasunglücke von Seveso und Bhopal. Zugleich werden Arbeiten gezeigt, die sich mit ästhetischen Aspekten katastrophaler Zustände auseinandersetzen und mit der einhergehenden Faszination, die sie von jeher auf Menschen ausüben.

Kuratiert von Barbara Barsch.

Programm

Freitag, 1. August 2008, 17:00
Führung durch die Ausstellung mit den anwesenden Künstler/innen

Freitag, 1. August 2008, 19:00
Industrielle Narben – Die Folgen unseres Konsums. Symposium für globales Bewusstsein mit J Henry Fair.
Täglich erreichen uns Meldungen über Umweltkatastrophen jeglicher Art aus aller Welt. Die Klimakatastrophe ist global. Ist es unserer Bewusstsein auch? Die Frage, „Was kann ich tun?“, drängt sich geradezu auf. Die Antwort darauf lautet, dass wir bereits eine Menge tun und gleichzeitig eine Menge Schaden anrichten, der so leicht zu verhindern wäre.

Neben den Fotografien von J Henry Fair, die in der Ausstellung Schauplatz Natur – Tanz auf dem Vulkan zu sehen sind, wird der Künstler eine Serie von faszinierenden Bildern einiger der ungeheurlichsten industriellen Albträume der Welt präsentieren. Die Aufnahmen verleihen den nebulösen Vorstellungen von globaler Erwärmung, Umweltverschmutzung und der Zerstörung von Lebensraum Wirklichkeit. Wir betrachten sie, sind von ihrer Schönheit gebannt und gleichzeitig erschrocken durch das darunter liegende Grauen, das wir zwar spüren, aber nicht verorten können. Sofort wollen wir wissen, was wir da anschauen und was das mit uns zu tun hat.
J Henry Fair will mit dem Publikum ins Gespräch kommen und stellt Fragen: „Was hat Entwaldung und Wasserverschmutzung mit dem Toilettenpapier tu tun, das ich benutze? Wie trug billiges Schweinefleisch zu einer der größten Giftkatastrophen in der Geschichte bei? Trage ich zur globalen Erwärmung bei, wenn ich das Licht und die Klimaanlage anlasse?“. In den Bildern von J Henry Fair erlangen alltägliche, komplexe Sachverhalte plötzlich eine visuelle Repräsentation, die das Publikum zu einer Reaktion zwingt und es mit einbezieht.

J Henry Fair begann mit 14 Jahren, Aufnahmen zu machen und konzentrierte sich dabei auf Sujets, die seine Aufmerksamkeit bis heute fesseln: das Alte, Junge, Arme und Vergessene ebenso wie Bilder einer Gesellschaft im Verfall: rostende Maschinen, antike Ruinen und petrochemische Anlagen. Er ist Mitbegründer und Leiter des Wolf Conservation Center (WCC) in South Salem, New York. Die Umweltorganisation WCC bietet Lebensraum für Wölfe, schützt sie, zieht sie auf und informiert die Öffentlichkeit über die vielen weltweit gefährdeten Wolfarten. Des Weiteren wirkt Fair in zahlreichen Organisationen mit, die sich für ökologischen und sozialen Wandel einsetzen.

Donnerstag, 4. September 2008, 19:00
Klimakriege – Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird. Harald Welzer liest aus seinem Buch
.
Der Klimawandel hat tiefgreifende Auswirkungen auf die globalen Lebensbedingungen und Kulturen – Überlebensräume schwinden und damit entstehen Konflikte, Bürgerkriege und Flüchtlingsströme. Bestehende Gerechtigkeitslücken werden tiefer, nicht nur zwischen Nord und Süd, sondern zwischen den Generationen, was erheblichen sozialen Sprengstoff birgt. Der Klimawandel ist nicht nur ein globales Phänomen, sondern auch eines von unabsehbarer Dauer – er stellt die menschlichen Gesellschaften und ihre Institutionen vor ganz neue Herausforderungen. Harald Welzer beschreibt die Linie der Gewalt im 21. Jahrhundert: Konflikte um Ressourcen, Kriege gegen die eigene Bevölkerung, Klimaflüchtlinge und Terrorismus. Er macht deutlich, dass der Klimawandel die Gesellschaften vor ganz neue Fragen von Sicherheit, Verantwortung und Gerechtigkeit stellt. Harald Welzer zeigt, wie Klimawandel und Gewalt zusammenhängen, und was getan werden müsste, um Klimakriege abzuwenden.

Donnerstag, 11. September 2008, 19:00
Die Umerziehung der Vögel. Hans-Hendrik Grimmling liest aus seiner Autobiographie.
Es ist der überraschende, eigenwillige Blick eines unangepassten Künstlers, Malers, Denkers mit aufbegehrendem Temperament und intellektueller Unruhe, mit dem Hans-Hendrik Grimmling seinen Werdegang von den Anfängen im ersten Atelier in der sächsischen Kleinstadt Zwenkau über den ersten Zeichenunterricht in Leipzig schuldert, wo sich für ihn schon in jungen Jahren das „Verhängnis Kunst“ andeutet und er sich später mit dunklen, bestürzenden Vogelmetaphern von den Realismen der „Leipziger Schule“ abwendet.
„Mit wenigen eindrücklichen Worten beschreibt er die gnadenlose Zerstörung durch den vorrückenden Braunkohlebergbau, der Schwarz in vielen Schattierungen zur alles beherrschenden Farbe werden lässt. Das gräbt sich in seine Kinderseele genau so ein wie die sächsische Version der Schwarzen-Mann-Figur, des „Mumanz“. Beides wird ihn begleiten und als Essenz immer wieder aufscheinen in seinen Bildern und Texten. Aus sehr persönlichen Reflektionen über die eigene Herkunft und das Werden als Maler, Briefen an Freunde und Verwandte und sogar eigenen Versen entstand das collageartige und oft fesselnde Erinnerungsbuch, das nicht nur wesentliche Teile der Leipziger und Dresdner Kunstszene der frühen 70er und 80er Jahre „abbildet“, sondern vieles von der inneren Zerrissenheit des früh Unangepassten spiegelt. Ein Höhepunkt des Buches ist sicher die Schilderung der Umstände des an allen staatlichen Institutionen vorbei geplanten und durchgeführten „Herbstsalons“ oppositioneller Maler 1984 in Leipzig, den Grimmling mit fünf anderen Kollegen initiierte. Grimmlings bereits 1978 entstandenes Triptychon „Die Umerziehung der Vögel“, das dem Buch den Namen gab, zeigt, „die Gewalttätigkeit von Erziehungsmustern in traumatisierten Figuren, die durch die Anmaßung, fliegen zu wollen, zu Stürzenden werden“, schreibt die Journalistin Doris Liebermann anlässlich des 60. Geburtstag des Künstlers. Sie war es auch, die den Maler immer wieder ermunterte, „das ambitionierte Buchprojekt in Angriff zu nehmen.“ (Astrid Priebs Tröger). 1986 reist Grimmling nach West-Berlin aus, wo er sich wie ein „nasser Vogel fühlt, der in die Mauer fällt.“ Er schildert den schwierigen Neuanfang im Westen, posträtiert Künstlerfreunde und Weggefährten, rekapituliert seine Erfahrungen mit dem „deutsch-deutschen Bilderstreit“ und bestimmt nachdenklich eigene künstlerische Positionen.

Sonntag, 14. September 2008, 11.00 – 13.00
KinderKunstProgramm – vor gestern über morgen – Vom Umgang mit der Katastrophe. Mit Annika Niemann und Lena Volk.
Ob Stadt, Land, Fluss – die Umwelt wird von Menschen verändert und verschmutzt, manchmal so sehr, dass Leben dort kaum noch möglich ist. Mit dem KinderKunstProgramm lädt die ifa-Galerie Berlin Kinder ab 6 Jahren zur kreativen Erkundung von Umweltkatastrophen und ihren Folgen ein. Wir beschäftigen und spielerisch mit den Bildern, die Künstler/innen aus aller Welt angesichts des „Katastrophenalarms“ gefunden haben, und wagen im KinderAtelier einen kreativen Anblick in die Zukunft des Schauplatz Natur. Wenn gestern so viel schief gelaufen ist, wie können wir unsere Umwelt heute gestalten, damit ein Leben morgen möglich ist?
Projektleitung: Ev Fischer udn Annika Niemann.

Donnerstag, 25. September 2008, 19:00
First Person Disasters – Katastrophen im Computerspiel. Vortrag von Andreas Lange, Direktor des Computerspiele Museums Berlin.
Katastrophen, ob von Menschen gemacht oder naturgegebenen, werden in Computerspielen in vielfältiger Weise thematisiert: Sie können zum Beispiel Spielelement sein, wie die zufällig auftretenden Stürme in „Sim City“ oder Ausgangssituation wie bei vielen Kriegssimulationen oder First Person Shootern wie S.T.A.L.K.E.R, dem die Katastrophe von Tschernobyl als setting dient. Oft können die Spieler auch Göttern gleich Naturkatastrophen als Waffen selbst einsetzen.
Andreas Lange gibt anhand von konkreten Beispielen einen Überblick und stellt die Frage, wie die Katastrophen unter den spezifischen Rezeptionsbedingungen von Computerspielen vermittelt werden. Nähern sich die komplexen Welten der Computerspiele den wissenschaftlichen Modellberechnungen mit dem Unterschied an, dass bei Ihnen die Perspektive des einzelnen Betroffenen im Mittelpunkt steht?