Mit Saba Innab

Kuratiert von Omar Berrada

In technischen Zeichnungen ist ein „station point“ der Fluchtpunkt, von dem aus eine Perspektive entworfen wird. Alles, was sich hinter ihm oder in seinem toten Winkel befindet, fehlt in der Zeichnung. Saba Innabs Station Pointuntersucht die räumliche Darstellung als Möglichkeit, über die Verflechtungen von Architektur und Macht nachzudenken. Die Ausstellung erstreckt sich über drei Kapitel, die den Galerieraum strukturieren.

Am Anfang steht ein Brief von Saba Innab an Malewitsch. Darin beleuchtet sie die toten Winkel der europäischen Avantgarde und konstatiert die Unmöglichkeit der Liebe zwischen einer palästinensischen Architektin und den modernen Kunstbewegungen, die ihre Ausbildung prägten.
Im zweiten Kapitel, bestehend aus einem Skizzenbuch, einer Zeichnung und mehreren kleinen Architekturmodellen, folgt auf die intime Intuition eine historische Untersuchung. Von den Idealstädten der Renaissance bis hin zu modernen Kolonialsiedlungen verfolgt Innab die andauernde architektonische Herrschaft der Zentralperspektive als Modus der visuellen Kontrolle, die fortwährend zu räumlicher und rechtlicher Marginalisierung führte.
Gibt es einen Ausweg aus diesem Rahmen? Das dritte Kapitel versucht, eine Antwort zu geben. Eine Reihe von Säulen und Trägern läuft auf einen Fluchtpunkt zu. An ihrer Basis eine Ruine aus Claustra-Blöcken, geschnitten und angeordnet in einer Sammlung von unterirdischen Tunneln und invertierten Kuppeln, die aus der verschütteten Geschichte vernakulären Bauens zurückgewonnen wurden. Beim Betrachten dieser Landschaft wird der Blick systematisch unterbrochen. Durch das Experimentieren mit Materialien und Formen verwandelt die Künstlerin ihre Verletzlichkeit in einen Vorschlag für eine alternative Politik des Raumes. In einer unbewohnbaren Welt ruft sie zu einem anderen Wohnen auf.

KFW STIFTUNG
Omar Berrada ist Stipendiat des Programms Curators in Residence der KfW Stiftung in Zusammenarbeit mit dem ifa (Institut für Auslandsbeziehungen). Das Programm bietet Kurator*innen aus Lateinamerika, Afrika, dem Nahen Osten und Asien die Möglichkeit, drei Monate in Berlin zu verbringen und fördert damit den interkulturellen und diskursiven Austausch in der Ausstellungsorganisation. Ziel ist es, ein kritisches Bewusstsein für postkoloniale Diskurse zu stärken sowie die Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe anzuregen.

Die ifa-Galerie Berlin nimmt mit Station Point am „Architecture+Art Weekend 2019“ teil.