Wenn es in Zeiten des politischen Ausnahmezustands zum Dasein als Geflüchtete*r gehört, dass rechtliche Teilhabe abgesprochen wird und die Möglichkeit zur politischen Repräsentation fehlt, was geschieht dann, wenn in diese bereits eingeschränkte Ordnung der Sichtbarkeit eine künstlerische Repräsentation eingefügt wird? Ist es möglicherweise so, dass ein allzu einfacher Akt des Ersetzens diese Problematik wiederholt? Kompensieren kulturelle Formen der Repräsentation das Fehlen genau jener Systeme und Verfahren politischer und rechtlicher Verantwortung, die den Geflüchteten in der EU verweigert werden, oder treten sie sogar an ihre Stelle? Was passiert, wenn die „Kulturalisierung“ politischer Debatten über den Status von Geflüchteten kulturell aufgeladene – anstatt politisch definierte – Vorstellungen und Ideale zur Folge hat? Verschaffen wir uns, so die zentrale Frage dieses Vortrags, durch die performative Inszenierung von Menschenrechten, die für zeitgenössische Kunstpraktiken mit ihren oft überzogenen Vorstellungen der eigenen politischen Wirksamkeit so wichtig geworden ist, nur das Alibi eines Engagements?

Anthony Downey ist Wissenschaftler, Herausgeber und Autor. Er ist Professor für Visuelle Kultur im Nahen Osten und Nordafrika an der Fakultät für Kunst, Design und Medien an der Birmingham City University und Chefredakteur von Ibraaz, einer führenden kritischen Plattform über visuelle Kultur in Nordafrika und dem Nahen Osten, gehört dem Herausgebergremium von Third Text (www.thirdtext.org) an und ist assoziierter Wissenschaftler am Institute of Human Activities. Zu seinen jüngsten und demnächst erscheinenden Veröffentlichungen gehören Zones of Indistinction: Contemporary Visual Culture and the Cultural Logic of Late -Modernity (Sternberg Press, 2019); Don’t Shrink Me to the Size of a Bullet: The Works of Hiwa K (Walther König, 2017); Future Imperfect: Contemporary Art Practices and Cultural Institutions in the Middle East (Sternberg Press, 2016) und Art and Politics Now (Thames and Hudson, 2014). 2019 erscheint das Buch Research/Practice: 25 Artists/25 Projects (Sternberg Press), in dem es um die Rolle und die Verwendungsweisen wissenschaftlicher Forschung in der künstlerischen Praxis der Gegenwart geht.

Der Vortrag findet auf Englisch statt. Eintritt frei