Mit:

Achot Achot
Karine Matsakian
Narek Avetissian
Archi Galentz

Die Ausstellung „Getting Closer – Vier Armenier suchen einen Ausweg“ ist die fünfte Ausstellung der Ausstellungsreihe „Nationalität / Identität“, die die ifa-Galerie Berlin in loser Folge seit 2001 zeigt und die sich mit den weltumspannenden politischen, sozialen und kulturellen Veränderungen des letzten Jahrzehnts auseinandersetzt.

Die von Mika Hannula, Rektor der Akademie der Bildenden Künste Helsinki, konzipierte Ausstellung vereint künstlerische Positionen, die sowohl die derzeitigen Interessen und Phänomene der armenischen Kunst als auch die Situation der armenischen Nation zwischen Völkermord und Okkupation, zwischen Vergangenheit und Gegenwart im Land und in der Diaspora wiederspiegeln. Sie zeigt Strategien des Umgangs mit veränderten gesellschaftlichen Bedingungen und daraus erwachsenden Bedürfnissen. Im Mittelpunkt stehen Fragen von Identität und Nationalität und die formale Frage der kritischen Wiederbelebung tradierter künstlerischer Medien.

Achot Achot, geb. 1961, lebt seit Mitte der 9oer-Jahre in Paris und setzt dort die künstlerische Auseinandersetzung mit Problemen nationaler und geschlechtsspezifischer Identität fort. Er thematisiert das soziale Zusammenleben der Menschen und hinterfragt zugleich die gesellschaftlichen Werte, die durch unterschiedlichste Einflüsse und Veränderungen ins Wanken geraten sind. Fotografie und Video spielen in seinem Schaffen eine ebenso wichtige Rolle wie die Malerei: behutsam tupft er die Farbe mit seinen Fingern und selbst gefertigten Stempeln auf den Bildgrund. Die Bilder könnten sich ins Unendliche fortsetzen und werden nur durch das gewählte Format begrenzt, was für ihn auch eine Metapher für selbst errichtete Grenzen, für Selbstbeschneidungen ist, die aus traditionellen, nationalen Entwicklungen resultieren.

Karine Matsakian, geb. 1959, hat in ihrer Generation eine der wichtigsten künstlerischen Positionen inne; sie setzt sich mit Fragen der weiblichen Identität in der patriarchalischen Gesellschaft Armeniens auseinander. Wie viele Künstler Armeniens arbeitet sie sowohl mit dem Medium der Malerei, als auch mit Performance und Video. Sie thematisierte ihren eigenen Körper als Ausdruck der Weiblichkeit und des weiblichen Selbstverständnisses und arbeitete jahrelang mit Aktionen und Performances. Nachdem sie eine Pop-Phase in ihrer Malerei durchlaufen hat, die Ausdruck des neu entstandenen konsumorientierten Denkens und des Verlusts an eigener nationaler Identität war, hat sich ihre Thematik in den letzten Jahren gewandelt. Statt mit dem eigenen Körper zu arbeiten, hat sie sich dem Körper und der Befindlichkeit des Mannes zugewandt. In einer Serie von Gemälden zeigt sie schonungslos Details und Blicke auf Männerkörper, die scheinbar lapidar sind, in der armenischen Gesellschaft jedoch einen Tabubruch darstellen.

Narek Avetissian, geb. 1969, vertrat 1999 Armenien auf der Biennale Venedig mit dem Projekt „Post Factum — Earth, Space, Dream“, das er für das Internet zusammen mit einer Gruppe junger Künstler und Programmierer geschaffen hat. Starkes Interesse hat er an der künstlerischen Arbeit mit dem Computer, mit dessen Hilfe er Bilder schafft, die sich „zufällig“ durch die Programmierung ergeben. Diese Bilder werden weiter verfremdet und es entsteht eine unendliche Fülle von Darstellungen, die künstlich erzeugt sind aber dennoch organisch anmuten. Auf subtile Art und Weise stellt er Fragen nach der Rolle des Menschen und des Künstlers in einer künstlichen, technisierten Computerwelt.

Archi Galentz, geb. 1971, hat seine Ausbildung sowohl in Jerewan und in Moskau als auch in Deutschland absolviert und hat dadurch verschiedene kulturelle Impulse empfangen. Das Bewusstsein der armenischen Identität ist ihm aber stets wichtig gewesen und hat seine künstlerische Arbeit geprägt. Er arbeitet u.a. mit von ihm erfundenen Landkarten, wobei er Armenien als Staatsgebiet auslässt. Im Zentrum seiner Überlegungen und Reflexionen stehen Fragen nach dem Staat Armenien und dem postsowjetischen Wiedererstarken des armenischen Bewusstseins.

Die Ausstellung stellt wesentliche inhaltliche Aspekte der heutigen Kunst Armeniens vor: neben der Frage der Nationalität und Identität beschäftigen sich armenische Künstlerinnen und Künstler vor allem mit geschlechtsspezifischen Rollenzuschreibungen sowie mit Fragen der Moral und Ethik.