Isaac Chong Wai, Lizza May David, Wilhelm Klotzek, Ofri Lapid, Adrien Missika, Gitte Villesen featuren Werke aus dem ifa-Kunstbestand

von Joseph Beuys/ Nicolás García Uriburu, John Cage, Carlfriedrich Claus, Wieland Förster, Zille Homma Hamid, Geoffrey Hendricks, Dick Higgins, Hannah Höch, Franz Klekawka, Käthe Kollwitz, Joseph Kosuth, Paula Modersohn-Becker, Simone Nieweg, Robert Rehfeldt, Takako Saito, Eran Schaerf, Endre Tót, Rosemarie Trockel, Ruth Wolf-Rehfeldt

Kuratiert von Inka Gressel & Susanne Weiß

*nach Ruth Wolf-Rehfeldt

Spheres of Interest* © Victoria Tomaschko

Wie ist der Kunstbestand des Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in die Welt gekommen? Welche Kunst wurde wann von wem angekauft und was sagen uns diese Entscheidungen über die gesellschaftspolitischen Konditionen, Trends und Protagonist:innen der Zeit?

Die historischen Eigenheiten und Strukturen des ifa-Kunstbestandes und die spezifische Zusammenstellung durch den teilweisen Erhalt der Sammlung des Zentrums für Kunstausstellungen (ZfK) der DDR bilden den Ausgangspunkt einer gemeinsamen künstlerischen kuratorischen Untersuchung. Isaac Chong Wai, Lizza May David, Wilhelm Klotzek, Ofri Lapid, Adrien Missika und Gitte Villesen befragen die Sammlung aufgrund ihrer eigenen „Spheres of Interest“, suchen nach Überschneidungen, Parallelen und Leerstellen. Der Ausstellungstitel verweist auf das gleichnamige Werk von Ruth Wolf-Rehfeldt, einer Pionierin der Mail Art in der DDR, die – anders als ihr Mann Robert Rehfeldt – bisher nicht Teil des Kunstbestandes gewesen ist.

In der Ausstellung werden die künstlerischen Annäherungen zusammen mit den Kunstwerken aus dem ifa-Bestand gezeigt. Manche der Werke wurden bisher kaum ausgestellt und werden nun aus den gelben ifa-Transportkisten gehoben; andere kommen von langen Reisen mit zahllosen Tourneestationen zurück, wieder andere wurden gerade restauriert. Aus verschiedenen Richtungen kommend, finden sie nun in der ifa-Galerie Berlin zusammen.

Isaac Chong Wai entwickelt eine Performance, die sich auf den Holzschnitt „Die Mütter“ (1922/23) von Käthe Kollwitz bezieht und sich um die Darstellung eines von Kriegserfahrungen gezeichneten kollektiven Körpers dreht. In Trauergesängen öffnen die von ihm eingeladenen Performer:innen die Gruppe des Widerstands und Schutzes, die Kollwitz dargestellt hat. Lizza May David widmet sich in ihren Recherchen der Repräsentation einer migrantischen deutschen Nachkriegsgesellschaft, wobei sie auf den Maler Franz Klekawka und seine „naiven Malereien“ aus den 1970er Jahren stieß. Ofri Lapid entwickelt ausgehend von Joseph Kosuths lexikalischen Arbeiten, die in den letzten 22 Jahren durch die Welt gereist sind, eine den Ausstellungsorten folgende „Sprach-Tournee“. Adrien Missika präsentiert mit „MOTUS“ eine lokale Pop-up Ausstellung, für die er ein Lastenrad entworfen hat, um ausgewählte Fluxus Arbeiten im öffentlichen Raum zu aktivieren. Wilhelm Klotzek gestaltet einerseits aus Stadtraumelementen ein Display, das als Scharnier zwischen den Exponaten fungiert. Mit einer Intervention an der Fassade der Galerie lenkt er den Blick auf Kunstwerke aus dem Bestand des ZfK – die bis dato noch nicht gezeigt worden sind – sowie auf Werke von Wieland Förster und Carlfriedrich Claus, auf die er mit einer akustischen Assemblage reagiert. Gitte Villesen blickt aus einer feministischen Perspektive auf die Leerstellen der Sammlung und wählt dementsprechende Werke aus. Ihre Text- und Bildtableaus thematisieren darüber hinaus die Richtungen des gemeinsamen Suchprozesses. In der intensiven kuratorisch-künstlerischen Zusammenarbeit kommen kritische und humorvolle Betrachtungen, Kommentare und Fragestellungen zusammen. Sie berühren dringliche Momente unserer Gegenwart, stellen kollektive Erinnerungen und neue Handlungsmomente heraus.

Der ifa-Kunstbestand

Die Geschichte des ifa-Kunstbestands ist eng mit dem Konzept der ifa-Tourneeausstellungen verbunden, bei der Kurator:innen seit den 1970er Jahren monografische Ausstellungen entwickeln, die künstlerische Positionen aus Deutschland präsentieren. Sie werden weltweit in großen und kleinen Museen und Kultureinrichtungen präsentiert. Einen weiteren Schwerpunkt bilden gesellschaftspolitisch relevante Projekte, die zeitgenössische künstlerische Tendenzen vermitteln. Seit 2020 laden die ifa-Galerien Berlin und Stuttgart internationale zeitgenössische Künstler:innen zu dialogischen Begegnungen mit einzelnen künstlerischen Positionen des ifa-Kunstbestandes ein. „Out of the Box“ steht für diese Praxis der Neubetrachtung einzelner Werke.

Team

Leitung ifa-Galerie Berlin: Inka Gressel, Susanne Weiß, Alya Sebti (Elternzeit)
Kuratorinnen: Inka Gressel und Susanne Weiß
Ausstellungsproduktion: Stefano Ferlito
Projekt Management: Ev Fischer
Digitale Kommunikation: Anna Giannessi
Recherchen ifa-Kunstbestand und Agora: Maximilian Bauer, Sabiha Keyif
Ausstellungsaufbau: Stefano Ferlito, Bert Günther, Simon von Krosigk, Hippolyte Moulun, Keanu Sapadi
Kunstvermittlung: Annika Niemann mit Manuel Bendig und Studierende der HBK Braunschweig, Inka Gressel und Susanne Weiß, Anna-Lena Wenzel
Aufsichten: Katharina Bevand, Mila Cano, Kevin Dieke, Djanum Podolski, Anna Ratcliffe
Texte: Inka Gressel, Susanne Weiß, Anna-Lena Wenzel
Übersetzungen: Moira Barrett, Cornelius Reiber
Gestaltung: Achim Reichert, ACHI.ME
Ausstellungsarchitektur: Wilhelm Klotzek mit Rainer Grilberger
Restauratorin: Leonie Colditz
Presse: Guido Jansen-Recken, Corinna Wolfien
Fotodokumentation: Anika Büssemeier, Victoria Tomaschko
Besonderer Dank an: René Block und Otto Block; ifa Stuttgart: Nina Bingel, Sabiha Keyif, Manfred Prinzky, Rainer Koch; Klosterruine Berlin: Ute Müller-Tischler, Christopher Weickenmeier, Ka Shuk Fong, Max und Monique Burger; Berlinische Galerie: Thomas Köhler, Stefanie Heckmann und Andreas Piel