Roundtable, Podiumsdiskussion, Präsentation, Workshop und Performance zu den Themen „Archive in Bewegung“ und „Gedächtnis des Verstehens“ mit kritischen Debatten über die hegemonialen Strukturen von Museen und Archiven im globalen Kontext.
Public Programm
Freitag, 20. Juni 2025
11:00 – 17:30
Eintritt frei
Veranstaltungsort:
Heckmann-Höfe (5 min von der ifa-Galerie entfernt)
Zugang über Oranienburger Str. 32 oder Auguststr. 9
10117 Berlin
Als Teil der Ausstellung
Survival Kit – Between Us and History: The Hidden Archive
Ken Aïcha Sy
20. Juni – 31. August 2025
#1 Präsentation / Publikation / Workshop
11:00
Anna Helfer im Gespräch mit Lea Berger, Maya Makeda Buhlmann, Antonia Meija und Chidimma Joy Giwa (Studierende des Fachs Art History in a Global Context: Africa, Freie Universität Berlin)
Die Studierenden stellen die Ergebnisse des Seminars „Inside the Depots: Reflections on Research in Ethnographic Museums“ vor, das im Zusammenhang mit dem Forschungsprojekt Survival Kit und der Ausstellung in der ifa-Galerie Berlin entwickelt wurde.
Die Diskussion wird sich auf drei Themenbereiche konzentrieren: erstens die Einordnung des Seminars in den breiteren Rahmen des Forschungsprojekt Survival Kit von Ken Aïcha Sy; zweitens Erkenntnisse und Erfahrungen aus der Feldforschung in den Depots des Weltkulturen Museums in Frankfurt und des Iwalewahauses in Bayreuth, das eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer senegalesischer Kunst beherbergt; und drittens die Reflexion darüber, wie das Seminar sich in kritische Debatten über die hegemonialen Strukturen von Museen und Archiven im globalen Kontext einfügt und welche Formen der Forschung dazu beitragen können, institutionelle Dynamiken herauszufordern und neu zu gestalten.
12:30 – Mittagessen – Senegalesische Küche von Ndeye Ndack Sarr
#2 Roundtable + Q&A
14:00
Gespräch über „Archive in Bewegung“.
Mit Dior Thiam, Moderiert von Anna Helfer
Nehmen Sie mit der Wissenschaftlerin Anna Helfer und dem Künstlerin Dior Thiam an einer Podiumsdiskussion teil, bei der es darum geht, unseren Umgang mit Archiven und Sammlungen zu überdenken. Thiam eine künstlerische Perspektive bietet, die in Erinnerung, Identität und Institutionskritik wurzelt. Gemeinsam werden sie untersuchen, wie Archive und Sammlungen als aktive, generative Orte für kreative und kritische Praxis dienen können.
#3 Soundperformance / Vortrag / Gespräch
15:30 – 17:00
Gedächtnis des Verstehens – eine Soundperformance eingebettet in Archive aus der Ass Niang Sammlung, mit Samples und afrikanischem Geschichtenerzählen
Listening Session mit Elsa M’Bala aka A.M.E.T.
Die Klangkünstlerin Elsa M’Bala nimmt uns mit auf eine Klangreise durch Fundstücke aus der Ass Niang Collection – einem umfassenden Archiv mit über 5.000 Kassetten afrikanischer Musik, die über einen Zeitraum von fünf Jahrzehnten in Rufisque, Senegal, gesammelt wurden. Die von Ass Niang und seinem Vater bewahrten Kassetten decken eine große Bandbreite ab: Kongolesische Rumba, ghanaischer Highlife, senegalesischer Ballack, kamerunischer Makossa und arabische Musik sind dort zu finden, aber auch regionale Comedy und Spoken Word. Dieses sowohl persönliche als auch politische Archiv bietet Einblicke in die Phasen des postkolonialen Erinnerns, lokale Wissensproduktion und informelle Praktiken der Bewahrung von Wissen. In den Händen M’Balas wird es zu einer lebendigen postkolonialen Erzählung mit der sie einen Beitrag zur Bewahrung dieser Klänge leistet.
M’Bala, deren Arbeit eine Brücke zwischen Musik, Archiv und Resitution schlägt, lädt das Publikum ein, ausgewählte Kassetten aus dem Archiv gemeinsam zu erleben. Im Rahmen von Survival Kit betont sie das bewusste Hören als Methode der Kritik und die Auseinandersetzung mit Musik als kulturellem Dokument und Ort des Widerstands. Sie lädt uns ein, darüber nachzudenken, wie klangbasierte Archive dominante Narrative umgestalten und neue Ansätze für die dekoloniale Forschung, kulturelles Erbe und transnationale Zusammenarbeit eröffnen können.
M’Bala ermutigt uns, uns durch den Klang auf eine Reise zu begeben und Musik nicht als Kulisse zu erleben, sondern als Zugang zu Erinnerung, Verbindung und Verständnis – über Geschichten und Geografien hinweg.

Lebenslauf
Clémentine Deliss arbeitet an der Schnittstelle von zeitgenössischer Kunst, kuratorischer Praxis und Verlagswesen. Derzeit ist sie Curator at Large am KANAL-Centre Pompidou in Brüssel, wo sie eine Ausstellung der Metabolic Museum-University vorbereitet, die im November 2026 eröffnet. Außerdem ist sie KANAL-Gastprofessorin an der Akademie der Schönen Künste in Brüssel. Von 2020-23 war sie Associate Curator am KW Institute for Contemporary Art Berlin. Ihre Ausstellung „Skin in the Game“ zeigte wegweisende Prototypen der Künstler:innen Ruth Buchanan, Otobong Nkanga, Collier Schorr, Rosemarie Trockel, Joëlle Tuerlinckx und Andrea Zittel. Von 2010 bis 2015 war sie Direktorin des Weltkulturen Museums in Frankfurt am Main, wo sie ein neues transdisziplinäres Labor zur Sanierung von Sammlungen im Rahmen eines post-ethnologischen Paradigmas einrichtete und mit Künstler:innen, Jurist:innen und Schriftsteller:innen wie Otobong Nkanga, Luke Willis Thompson, Tom McCarthy und El Hadji Sy zusammenarbeitete. Ihr Buch „The Metabolic Museum“ (2020, Hatje Cantz) wurde auf Russisch (2021, Garage Museum) und Spanisch (2023, Caniche Editorial, Madrid) veröffentlicht und wird 2025 auf Polnisch erscheinen (Zacheta National Museum of Art, Warschau). Ihr letztes Buch „Skin in the Game. Conversations on Risk and Contention“ wurde im Dezember 2023 von Hatje Cantz/KW veröffentlicht. 1996 gründete sie die Kunst- und Literatur Publikation „Metronome“, die erstmals in Dakar veröffentlicht wurde.
Anna Helfer ist Doktorandin der Sozial- und Kulturanthropologie an der Freien Universität Berlin und am Leibniz-Institut Moderner Orient (ZMO), betreut von Prof. Kai Kresse und Prof. Bénédicte Savoy. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Kunst, Erinnerung und postkoloniale Kritik, wobei sie seit 2018 Feldforschung in Dakar betreibt. Von März 2024 bis Februar 2025 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin, in der Abteilung Kunst Afrikas. Seit 2023 ist sie Mitglied des Projekts Re-connecting „Objects“ (TU Berlin), das auf der Dak’Art 2024 präsentiert wurde. Von 2015 bis 2017 arbeitete sie an dem Oral-History-Projekt Café Deutschland des Städel Museums und führte Interviews mit Schlüsselfiguren der deutschen Nachkriegskunstszene. Sie unterrichtet derzeit am Institut für Afrikanische Kunst der FU Berlin und erhält ein Promotionsstipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung.
Elsa M’Bala ist Musikerin und Sängerin. Seit ein paar Jahren interessiert sie sich für afrikanische Archive. In ihrer Performance präsentiert sie ein Archiv afrikanischer Kassetten: eine Auswahl aus den über 4000 Stücken, die Ass Niang in Dakar, Senegal, in einem Zeitraum von 35 Jahren gesammelt hat. Durch den Einsatz von Technologie als Mittel zur Ermächtigung und durch ihre eigenen Beobachtungen erforscht sie die Zusammenhänge zwischen Ethnie, Geschlecht, Technologie und Spiritualität. In den letzten 15 Jahren war M‘Bala als Musikerin tätig und erforschte weltweit die Schnittstelle von akustischen und elektronischen Instrumenten. Seit 2020 konzentriert sich M‘Bala auf lokale Institutionen, um die Sichtbarkeit ihrer persönlichen Archive zu erhöhen. In den letzten fünf Jahren arbeitete sie mit verschiedenen Museen in Europa und Afrika zusammen, unter anderem mit dem Humboldt Forum und dem Musee ethnologique de Genève.
Dior Thiam ist multidisziplinäre Künstlerin. In ihren Arbeiten, die sich auf ganz unterschiedliche Medien stützen, erforscht sie unerzählte Geschichten, Exotismus und das spezifische historische Wissen, das in sozialen und individuellen Körpern steckt. Inspiriert von historischen Ereignissen und Begebenheiten, von Poesie, Prosa und persönlichen Erfahrungen, wirft ihre Arbeit Fragen zu den Orten des Wissens sowie zu Erinnerung und Gedenken auf. Durch einen prozesshaften Ansatz des Überlagerns, Verwebens, Fragmentierens, Sammelns und Wiederzusammensetzens extrahiert und arrangiert sie scheinbar unvereinbare Forschungsgegenstände in neuen Zusammenhängen. Nach ihrem Studium der Philosophie und Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin schrieb sie sich 2015 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig ein. Von 2019-2020 war sie Gaststudentin am Institut für Kunst im Kontext an der Universität der Künste Berlin, wo sie 2024 ihren Abschluss in der Klasse von Jimmy Robert machte. Ihre Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Ausstellungen und Publikationen gezeigt, unter anderem auf der Dakar Biennale, der African Biennale of Photography, Bamako Encounters, Goodman Gallery Johannesburg, Atlanta Museum of African Diaspora, Kunstraum Kreuzberg sowie in Kooperationen mit Savvy Contemporary, Archive Sites und dem Haus der Kulturen der Welt. Sie ist Preisträgerin des BBA-Künstlerpreises 2023, des Schulz-Stübner-Preises für Malerei 2024 und des ECOWAS-Künstlerpreises für Integration 2024.