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Mit:

Randa Shaath
Marwa A-Latif

Kairo, die ägyptische Hauptstadt, die schon im 14. Jahrhundert von dem arabischen Reisenden Ibn Battuta als „jede Vorstellung und Einbildungskraft sprengend“ beschrieben wird, ist heute mit ca. 17 Millionen Einwohnern die größte Metropole auf dem afrikanischen Kontinent.

Die ifa-Galerien Stuttgart und Berlin präsentieren in der Reihe „STADTanSICHTen“ beispielhafte Entwicklungen und Planungen für die Zukunft Kairos: Die Sanierung der Altstadt, neu entstehende Städte in der Wüste, soziale Entwicklungsprojekte, aber auch repräsentative Bauvorhaben, die die Lebensqualität unterschiedlichster Bevölkerungsgruppen in der ägyptischen Megacity verbessern sollen, werden vorgestellt. Fotografien von Randa Shaath und Marwa A-Latif vermitteln darüber hinaus einen Eindruck von der Vielfältigkeit, Farbigkeit und überbordenden Lebendigkeit Kairos.

Die Ausstellung präsentiert vier Projekte von Stadtplanern und Architekten, die ambitionierte Lösungen durch Revitalisierung und Neubebauung vorstellen. Sie zeigt Eingriffe im Zentrum und am Stadtrand, architektonische Solitäre wie städtebauliche Großprojekte: Wo heute der Al-Azhar Park als 30 Hektar große „grüne Lunge“ mit Palmenalleen und Wasserläufen zur Erholung lockt, befand sich früher eine brach liegende Schutthalde. Der Park wurde ebenso wie die Restaurierung der angrenzenden historischen Stadtmauer von der Aga-Khan-Stiftung finanziert, die auch die Revitalisierung des Altstadtviertels Darb Al- Ahmar betreibt. Mit New Cairo City entsteht am Stadtrand Kairos inmitten der Wüste eine Neustadt für 2,5 Millionen Einwohner, die den Traum vom „Wohnen im Grünen“ verwirklichen soll. Dagegen haben die Planer in der informellen Siedlung Manshiet Nasser die Aufgabe, die Landbesetzung durch die Bewohner in geordnete Bahnen zu lenken. Die Deutsche Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) versucht zusammen mit der Kairoer Stadtverwaltung, Infrastruktur und Lebensqualität in dem 600.000 Einwohner zählenden Gebiet zu verbessern.

Mit dem Neubau des großen Ägyptischen Museums in umittelbarer Nähe zu den Pyramiden präsentiert sich Kairo als kulturelles Zentrum Ägyptens. Das Gebäude soll auf 92.000 Quadratmetern Ausstellungsfläche, Depots und Werkstätten beherbergen und 15.000 Besucher täglich aufnehmen. Die Verlagerung des Museums wird nicht nur Giza, das Stadtviertel um die Pyramiden, sondern auch die Struktur des Stadtzentrums um den Verkehrsknotenpunkt Midan Tahrir nachhaltig verändern.

Die Komplexität der Stadt, der Umgang mit historischen Schichten, das große Bevölkerungswachstum, der ökonomische und technologische Fortschritt sind die Herausforderungen, die Stadtplaner und Architekten bei derzeit laufenden Projekten und Planungen für die Zukunft zu bewältigen haben, um das reiche kulturelle Erbe mit den Anforderungen des 21. Jahrhunderts in Einklang zu bringen.

Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in deutscher und englischer Sprache mit 132 Seiten und zahlreichen Abbildungen und Texten von Mohamed Salheen, Catherine David/ Nuria Enguita Mayo und Iris Lenz.

Veranstaltungen

Freitag, 10. November 2006, 17:00
Führung durch die Ausstellung mit der Fotografin Randa Shaath, Kairo.

Donnerstag, 16. November 2006, 19:00
„Die Verlagerung des Ägyptischen Museums von Kairo an die Pyramiden und der Wettbewerb für das neue Museum“. Vortrag von Prof. Yasser Mansour, Leiter des Projekt- und Organisationskomitees für das Great Egyptian Museum.
Ein archäologisches Museum, das sowohl in der Konzeption als auch in der Architektur die kulturelle Vielfalt der ägyptischen Zivilisation widerspiegelt – das war das Ziel der Planer des neuen „Großen Ägyptischen Museums“ in Kairo. Den Entstehungsprozess des Großprojekts stellt Yasser Mansour, Professor für Architektur und Leiter des Projekts, in der ifa-Galerie Berlin vor. Titel seines Vortrags: „Die Verlagerung des Ägyptischen Museums von Kairo an die Pyramiden und der Wettbewerb für das neue Museum“. Themen des Vortrags sind der Architekturwettbewerb, die eigens für das Museum entwickelte Konzeption sowie die Rolle des Museums im Rahmen der Strategie, Kairo als kulturelles Zentrum Ägyptens zu positionieren. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Frage, wie man die 92.000 Quadratmeter Fläche, die das Gebäude für Ausstellung, Depots und Werkstätten bereit hält, nutzen will, um sowohl die traditionellen Aufgaben eines archäologischen Museums wahrnehmen zu können als auch für die rund 15.000 Besucher, die das Museum täglich aufnehmen kann, attraktiv zu sein.
Prof. Yasser Mansour ist seit 2001 Koordinator des Projekts „Grand Museum of Egypt“, Professor für Architektur und Leiter des Fachbereichs Architektur, Fakultät für Ingenieurswissenschaft an der Ain Shams Universität Kairo sowie Mitglied des Komitees für Architektur im Obersten Kulturrat. Er hat zahlreiche Forschungsarbeiten über Entwurfstheorie und Museographie publiziert sowie internationale Konferenzen zu nachhaltiger Architektur, zum Wohnungsbau und zur Architektur der Wüste organisiert. 1990 an der University of Michigan promoviert, hat er in den USA, in Abu Dhabi und in Ägypten Entwurf gelehrt. Er hat ein zweibändiges Buch über den internationalen Architekturwettbewerb für das Grand Museum of Egypt, das vom Kulturministerium in Kairo im Jahr 2003 verlegt wurde, herausgegeben.

Donnerstag, 23. November 2006, 19:00
„Mit dem Recht des Stärkeren – Russische Kultur in Zeiten gelenkter Demokratie“. Michail Ryklin und Anna Altschuk stellen das neu in Deutschland erschienene Buch vor.
Im Januar 2003 wurde im Moskauer Sacharow-Zentrum die Kunstausstellung „Achtung, Religion!“ verwüstet. Doch nicht die Täter sahen sich öffentlicher Ächtung und juristischer Verfolgung ausgesetzt, sondern Ausstellungsmacher und Künstler. In einem aufsehenerregenden Strafprozess wurden sie der „Beleidigung der religiösen Gefühle des russischen Volkes“ angeklagt und mit Lagerhaft bedroht. In seinem soeben auf Deutsch erschienen Buch „Mit dem Recht des Stärkeren. Russische Kultur in Zeiten ,gelenkter Demokratie’“ beschreibt Michail Ryklin, dessen Frau Anna Altschuk als Künstlerin angeklagt war, aktuelle politische Tendenzen im Umgang mit der Meinungs- und Kunstfreiheit im heutigen Russland. Neben der aus seiner Sicht an Sowjetzeiten erinnernden Ächtung zeitgenössischer Kunst, antisemitischen Pöbeleien und einer erstarkenden Allianz von russisch-orthodoxer Kirche und Geheimdienst beobachtet Ryklin ein Schwinden von Zivilcourage, eine zunehmende Angst und zynische Passivität in intellektuellen Kreisen.
Die Künstlerin Anna Altschuk präsentiert den in Zusammenhang mit Ausstellung und Prozess entstandenen Film „Für alles verantwortlich“ von Anna Altschuk, Olga Werchowzewa (Olga Kumeger) und Aleksandr Aleksejew (2005), sowie die Videodokumentation „Auf den Gerichtsfluren“ von Marina Pertschichina (2005).
Michail Ryklin und die Übersetzerin des Buches Gabriele Leupold stellen das 2006 im Suhrkamp Verlag erschienene Buch vor. Durch die Veranstaltung führt Paula Böttcher.

Montag, 4. Dezember 2006, 19:00
„Ich, Emilie Schindler“. Erika Rosenberg, Buenos Aires, liest aus ihrem Buch über Emilie Schindler, der Frau Oskar Schindlers, deren Schicksal lange unbeachtet blieb.
Emilie Schindler, Ehefrau des durch den Film „Schindlers Liste“ bekannt gewordenen Oskar Schindler, rettete gemeinsam mit ihrem Mann während der NS-Zeit über 1000 Juden das Leben. Dennoch stand sie zeitlebens im Schatten ihres Mannes. Eine neu überarbeitete Biographie über Emilie Schindler ist nun im Herbig Verlag erschienen. Die Autorin, Erika Rosenberg, stellt das Buch am 4. Dezember in der ifa-Galerie vor. Frau Rosenberg schildert Emilie Schindler darin als eine Frau, die ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben ihre Integrität in einer barbarischen Zeit bewahrte. Anhand von Dokumenten und Fotos versucht die Autorin die Persönlichkeit Emilie Schindlers nachzuzeichnen und ihre Leistungen zu würdigen. Insgesamt entwirft Frau Rosenberg das Bild einer mutigen und bescheidenen Frau, die erst in hohem Alter, sehr viel später als ihr Mann, offizielle Ehrungen und finanzielle Unterstützung von deutscher und israelischer Seite erhielt.

Erika Rosenberg, 1951 in Buenos Aires geboren, war eine Freundin von Emilie Schindler in deren letzten Lebensjahren und pflegte sie bis zu ihrem Tod. Erika Rosenberg ist Herausgeberin zahlreicher Bücher, darunter „Ich, Oskar Schindler. Die persönlichen Aufzeichnungen, Briefe und Dokumente“ (Herbig Verlag, 2. Auflage 2001). Darüber hinaus unterrichtet sie am Goethe-Institut in Buenos Aires deutsche Sprache und deutsche Geschichte.

Donnerstag, 11. Januar 2007, 19:00
„Krieg – Repression – Terrorismus“. Dr. Jochen hippler und Barbara Kuhnert stellen die Studie des Instituts für Auslandsbeziehungen e.V. zum Europäisch-Islamischen Kulturdialog vor.
Terror, Krieg, Repression: Wieder einmal eskaliert die Gewalt im Nahen Osten. Erneut wird deutlich, dass niemand, der am Dialog zwischen Westen und islamischer Welt interessiert ist, um die Frage der politischen Gewalt herumkommt. Zeit, über Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Umgang mit politischer Gewalt nachzudenken, betont der Politikwissenschaftler Jochen Hippler in der Studie „Krieg, Repression, Terrorismus“. Die vom Institut für Auslandsbeziehungen (ifa) in Auftrag gegebene Studie liefert zum ersten Mal einen vergleichenden historischen und aktuellen Überblick über politische Gewalt in beiden Kulturkreisen. Hipplers Fazit: Politische Gewalt ist ein gemeinsames Problem westlicher und muslimisch geprägter Gesellschaften. Beide Seiten haben in ihrer Geschichte Gewalt ausgeübt und tun es heute noch, beide sind Täter und Opfer. Sie sollten daher bei dem Versuch, gemeinsame Strategien zur Überwindung der politischen Gewalt zu entwickeln, weniger mit dem Finger aufeinander zeigen als vielmehr die jeweils spezifischen Wurzeln der Gewalt analysieren. Dabei müssen sie sich der realen Interessenunterschiede zwischen westlicher und islamischer Welt bewusst sein sowie die widersprüchlichen Wahrnehmungen voneinander und die unterschiedlichen psychologischen Kontexte in Rechnung stellen.
Das Institut für Auslandsbeziehungen möchte mit dieser Studie eine gemeinsame Plattform für einen europäisch-islamischen Dialog über das Thema Gewalt bieten. Bislang wird die Auseinandersetzung über politische Gewalt vornehmlich in den Medien ausgetragen, die mehr über und auch gegen die Gewaltanwendung der jeweils anderen Seite schreiben. Das ifa hält den Perspektivenwechsel zwischen den Kulturen für den einzig fruchtbaren Ausgangspunkt für einen erfolgversprechenden Dialog.

Kuratiert von Dr. Stefano Bianca

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